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Nahrungsergänzung und Diätmaßnahmen

Nutzen oder Schaden?

Zunächst ging Toplak auf das metabolische Syndrom ein und stellte klar: "Nicht jeder mit Adipositas und einem BMI über 30 kg/m2 hat ein metabolisches Syndrom." Die Fettmasse allein sei nicht entscheidend, sondern die Fettverteilung – viszeral oder subkutan – sowie das Verhältnis von Fett- zu Muskelmasse, sagte er. Ein normalgewichtiger Patient, der aufgrund von Bewegungsmangel eine geringe Muskelmasse hat, trägt unter Umständen die gleiche Fettmasse wie ein Übergewichtiger oder Adipöser, der sich viel bewegt. Zudem müssen weitere Risikofaktoren für das metabolische Syndrom beachtet werden, zum Beispiel eine vorhandene Dyslipidämie mit niedrigem HDL-Cholesterin und hohen Triglyzeriden oder Bluthochdruck. Vor allem bei Frauen unter 50 Jahren ist laut Toplak außerdem ein Glukosetoleranztest wichtig, da ansonsten 96 % aller Glukosepathologien übersehen werden. "Bei alten Menschen messen Sie dagegen wegen der Fettleber zumeist bereits einen erhöhten Nüchternblutzucker", erklärte er.

Gesicherte Ernährungsempfehlungen bei Fettstoffwechselstörungen

Entgegen den Versprechungen der einschlägigen Frauenmagazine genügt eine Diät alleine nicht, um relevant Körperfett abzubauen, betonte Toplak. Sie muss immer mit mehr Bewegung verbunden sein, denn Muskulatur verbrennt Fett zur Energiegewinnung. Und je mehr Muskulatur aufgebaut wird, umso stärker ist diese Fettverbrennung. Deshalb sei es auch schon frühzeitig im Leben ratsam, sich präventiv viel zu bewegen, damit Fett gar nicht erst abgelagert wird, erklärte er.

Bei erhöhtem LDL-Cholesterin mit und ohne erhöhte Triglyzeride werden empfohlen:

  • kaloriengerechte Ernährung

  • Reduktion von Nahrungsfett

  • Ersatz der gesättigten Fettsäuren durch ein- oder mehrfach ungesättigte Fettsäuren

Eine Erhöhung des Ballaststoffanteils und Senken der Cholesterinzufuhr helfen wiederum, wenn auch das Cholesterin erhöht ist.

Erreicht wird dies durch eine Ernährung, die auf mageren Eiweißprodukten, Obst und Gemüse basiert und wenig Fett und Zucker enthält. "Und es soll auch schmecken dürfen", so Toplak, denn "man wird nichts auf Dauer essen, was einem nicht schmeckt".

Wissen allein genügt nicht – man muss es auch tun

Studien der vergangenen 50 Jahre hätten gezeigt, dass Menschen ohne körperliche Aktivität – bei entsprechender Anlage – ihre Kontrolle über das Appetitverhalten verlieren, sagte Toplak. "Die Basis für jeglichen Erfolg, auch einer Ernährungstherapie, liegt in der Einleitung körperlicher Bewegung, die dann dauerhaft weitergeführt wird", betonte er. Was bedeutet das? Das sind als mittelfristiges Ziel mindestens 10000 Schritte pro Tag an wenigstens fünf Tagen pro Woche.

Dass dies im Alltag oft schwierig ist, weiß auch der Experte. Äußere Stressfaktoren verändern zudem das (Ess-)Verhalten: Anstelle von gesunden Lebensmitteln wie Obst und Gemüse greift man zu kaloriendichten Produkten, zum Beispiel Schokolade. Wer außerdem den ganzen Tag keine Zeit für eine Mahlzeit hatte, beginnt abends häufig unkontrolliert – meist zucker- und/oder fettreiche – Nahrungsmittel zu essen. Unkontrollierte Nahrungsaufnahme führt oft zu Schuldgefühlen und auch die Bewegungsempfehlungen werden dann nicht mehr befolgt. Toplaks Rat lautete, dass man vor dem Essen zur Ruhe kommen sollte. Dazu ist alles geeignet, was individuell dabei behilflich sein kann: einen Spaziergang machen, Musik hören etc. Patienten, die dies nicht alleine schaffen, empfiehlt Toplak eine Verhaltenstherapie.

Ein Problem – der Zuckerkonsum

Toplak zitierte Daten, nach denen der jährliche Zuckerkonsum in den USA von 34 kg in den 1970er-Jahren auf 64 kg im Jahr 2004 gestiegen ist. Das sind 175 g pro Tag, wobei maximal 50 g täglich als unbedenklich gelten. Wie Tabelle 1 zeigt, ist der Konsum von Fruktose mit einem höheren Stoffwechselrisiko verbunden als die Glukosezufuhr.

Tab. 1: Wirkungen von Fruktose und Glukose im
Fettstoffwechsel1

Was konkret hilft

Laut Toplak ist eine Kombination aus Lebensstilmodifikation und strukturiertem Planen von Mahlzeiten, falls nötig in Verbindung mit einer Verhaltenstherapie, am erfolgversprechendsten. Mahlzeitenersatz mit speziellen Supplementen kann helfen, wenn er unter Anleitung erfolgt und nicht nach kurzer Zeit wieder eingestellt wird. Wichtig sei die Kombination mit einer Bewegungstherapie, weil die Patienten so ihr Gewicht besser halten könnten. Dabei könne die tägliche Bewegung auch in kurze Sequenzen aufgeteilt werden, was im Alltag leichter falle, sagte Toplak und sprach sich außerdem dafür aus, die Patienten so anzuleiten, damit sie auch zu Hause regelmäßig trainieren. "Körperliche Aktivität ist eine Wunderdroge", betonte er, denn sie wirkt unter anderem:

  • lipid-, blutzucker- und blutdrucksenkend

  • positiv inotrop, negativ chronotrop

  • vasodilatierend, diuresefördernd

  • appetithemmend, gewichtsreduzierend

  • beruhigend, schlaffördernd

  • antidepressiv

Nahrungsergänzungsmittel – sinnvoll oder nicht?

Toplak präsentierte Daten zum Einsatz von Nahrungsergänzungsmitteln in der Primär- und Sekundärprävention kardiovaskulärer Krankheiten. Dazu zählen Produkte, die roten Hefe-Reis bzw. Rotschimmelreis enthalten. Er entsteht durch das Fermentieren von Reis mit einer bestimmten Hefeart und enthält Monacoline sowie Sterole. Monacolin K ist der Wirkstoff von Lovastatin, dem ersten Statin auf dem Markt, das inzwischen durch synthetische Statine abgelöst wurde. Als Nahrungsergänzung ist Monacolin in den Rote-Hefe-Reis-Präparaten aber weiter erhältlich und laut Toplak nehmen schätzungsweise rund mehrere 10000 Menschen in Österreich solche Produkte ein. Vor allem in der Primärprävention sei der Trend hin zu natürlichen Mitteln sehr stark, sagte er. Nach Angaben der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA wirken Monopräparate, die 10 mg Monacolin enthalten, beinahe ebenso gut wie Statine. Sie können mit einem Potenzial von etwas mehr als 20 % LDL senken. Neben den Monopräparaten gibt es ein Mischpräparat mit drei synergistisch wirkenden Wirkstoffen, das nur 3 mg Monacolin enthält. Monacolinpräparate werden von bis zu 95 % der Patienten vertragen, die Statine nicht tolerieren. Die höher dosierten Monopräparate können allerdings die gleichen Nebenwirkungen verursachen wie die synthetischen Statine, vor allem Muskelschmerzen, während es bei dem Mischpräparat eher zu gastrointestinalen Beschwerden kommen kann. Die Österreichische Atherosklerose Gesellschaft AAS hat 2014 pflanzliche Supplemente mit cholesterinsenkender Wirkung vor allem für die Primärprävention bei Personen mit einem LDL-Spiegel unter 190 mg/dl empfohlen, bei denen noch keine medikamentöse Therapie zur Lipidsenkung indiziert ist oder die noch kein Medikament einnehmen wollen. Für andere Supplemente, unter anderem Vitamine, Mineralstoffe oder Omega-3-Fettsäuren, gibt es weder Nachweise für einen Nutzen in der Primärprävention noch für einen Schaden.

Bericht:
Dr. Corina Ringsell

Quelle:
Vortrag "Nutzen oder Schaden? − sinnvolle Nahrungsergänzung und Diätmaßnahmen" von Univ.-Prof. Dr. Hermann Toplak im Rahmen des Frühlingsquartetts von ALLGEMEINE+, 27. April 2019, Wien

Literatur:

  1. Hofmann SM, Tschöp MH: J Clin Invest 2009; 119: 1089-92

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