© Sasha_Suzi iStockphoto

Gastroösophagealer Reflux und Husten

Die GERD wurde früher als eine der Ursachen des chronischen Hustens angesehen. Allerdings blieb insbesondere die medikamentöse Refluxbehandlung – obwohl hochwirksam gegen die typische Refluxsymptomatik: Sodbrennen – nur schwach wirksam gegen den Reflux-bedingten Husten. Heute wird Reflux nicht mehr als die Ursache des Hustens, sondern als Triggerfaktor für den chronischen Husten angesehen. Dieser tritt bei Reflux nur dann auf, wenn die Sensitivität des Hustenreflexes pathologisch gesteigert ist. Das ist die Erklärung dafür, dass nur ein Bruchteil der Refluxpatienten hustet. Die Prävalenz der gastroösophagealen Refluxkrankheit ist hoch, besonders in den westlichen Industrieländern. In einer deutschen Allgemeinarztpraxis hatten 51% einer nicht selektierten Population Refluxsymptome.1

J. Smith et al. haben in einer sorgfältig geplanten Studie2 mit objektiver Registrierung sowohl des Hustens (akustischer Husten-Monitor) als auch des Refluxes (Impedanz-pH-Metrie) die Husten-Reflux-Assoziationen bei Patienten mit chronischem Husten untersucht. Sie konnten feststellen, dass Patienten, bei denen Reflux Husten auslöst, an einer Hypersensitivität des Hustenreflexes leiden. Sie husten generell mehr als die Vergleichspatienten. Sie haben aber nicht überdurchschnittlich viele Refluxepisoden oder einer erhöhte Säureexpositionszeit im Ösophagus. Auf der anderen Seite, wenn Husten-induzierte transösophageale Druckschwankungen Reflux auslösen, ist die Refluxbarriere (der untere Ösophagussphinkter) geschädigt, die Säureexposition verlängert. Aber die Charakteristika des Hustens sind nicht verändert.

Die Grenzen zwischen physiologischem und pathologischem Reflux sind unscharf. Die Definition der gastroösophagealen Refluxkrankheit setzt neben dem pathologischen Reflux (definiert als ein pH-Wert <4 im distalen Ösophagus mehr als 6% der Zeit während der 24-Stunden-Messung) Symptome voraus, welche die Lebensqualität des Betroffenen beeinträchtigen.

Husten wurde als extraösophageales Symptom der Refluxkrankheit definiert.3 Doch husten keinesfalls alle Refluxpatienten

Für den refluxbedingten Husten werden zwei Mechanismen diskutiert:

  1. Reflextheorie: Der Husten wird durch einen gastroösophagealen Reflux in den distalen Ösophagus reflektorisch ausgelöst.

  2. Aspirationstheorie: Der pathologische gastroösophageale Reflux führt zu Mikroaspirationen. Eine Regurgitation von Flüssigkeit und Mageninhalt in den proximalen Ösophagus und weiter bis in den Pharynx führt einerseits zu einer Schleimhautreizung im Bereich der oberen Atemwege und andererseits zu einer echten Flüssigkeitsmikroaspiration in den unteren Atemwegen mit Hustenreaktion.

Nachweismethoden und Diagnostik

  • In epidemiologischen Studien und in der klinischen Praxis wird die gastroösophageale Refluxerkrankung – durch Sodbrennen und Regurgitation definiert – also durch die Präsenz typischer Symptome diagnostiziert. Dieses Vorgehen ist weder spezifisch noch sensitiv.4 Die klinische Diagnose des Reflux-bedingten Hustens aufgrund von Refluxsymptomen ist noch schwieriger, da Reflux-bedingter Husten ohne Sodbrennen auftreten kann5, 6 und Reflux bei der überwiegenden Mehrzahl der Patienten nicht zum Husten führt.

  • Eine Diagnosis ex juvantibus des Reflux-bedingten Hustens mit einer PPI-Therapie mit oder ohne Motilitätsmedikamente wird daher nicht empfohlen, es sei denn eine Indikation zur PPI-Therapie liegt aufgrund typischer Refluxsymptome ohnehin vor.3, 7

  • Die endoskopische Inspektion der Speiseröhre liefert nur im Fall einer Ösophagitis eine positive Aussage in Hinblick auf GERD, der negative prädiktive Wert ist gering.8 Sie ist daher alleine ungeeignet zum Ausschluss der Refluxkrankheit. Aber auch der Nachweis von Reflux durch Refluxösophagitis reicht nicht aus, um die Kausalität von Reflux und Husten zu sichern.

  • Zur Diagnosesicherung der gastroösophagealen Refluxkrankheit als Ursache des chronischen Hustens sollte eine 24h-pH-Metrie-Impendanz-Messung in der Speiseröhre durchgeführt werden, wenn am Ende des diagnostischen Algorithmus chronischer Husten für den Husten keine andere Ursache gefunden wurde (Abb. 1). Eine Kausalität des Hustens mit dem gesicherten Reflux kann dann angenommen werden, wenn eine hohe Symptomassoziationswahrscheinlichkeit von >95% besteht.9

  • Eine neue Methode mit einer kurzen und daher weniger invasiven oropharyngeal platzierten Sonde erlaubt die Messung von aerosolierter (gasförmiger) Säure aus dem Ösophagus. Normalwerte wurden etabliert.10 Eine größere Untersuchung bei Patienten mit typischen und extraösophagealen Refluxsymptomen zeigt, dass die oropharyngeale pH-Metrie zusätzliche Informationen zur klassischen Impedanz-pH-Metrie liefert und für die Entscheidung über die chirurgische Behandlung hilfreich sein kann.11 Ihre Rolle in der Hustendiagnostik ist allerdings noch nicht etabliert.

Medikamentöse Therapie

Eine 2016 durchgeführte Metaanalyse der vorliegenden Therapiestudien zum Reflux-bedingten Husten durch das Chest Guideline Panel12 ergab, dass in den 14 identifizierten randomisierten kontrollierten Studien die medikamentöse Behandlung des Reflux-bedingten Hustens (vorwiegend mit PPI) keinen signifikanten Effekt gegenüber Placebo zeigte. Es gibt eine starke Placebowirkung. Der beste Effekt kann durch Lebensstilveränderungen sowie durch Diät zur Gewichtsreduktion erreicht werden. Die Hochstellung des Kopfendes des Bettes wird in den amerikanischen Leitlinien ebenfalls empfohlen. Falls typische Refluxsymptome (Sodbrennen, Aufstoßen, retrosternale Schmerzen) ebenfalls bestehen, werden PPI, H2-Antagonisten, Alginate und Antazida empfohlen. Bei typischer Refluxsymptomatik mit schnellem Ansprechen auf PPI-Therapie dauert es drei Monate, um den assoziierten Husten zu bessern.13 Im Gegensatz zum klassischen Reflux ist meistens eine Dauertherapie mit hohen Dosen PPI erforderlich. Es wird nach einem Jahr ein Auslassversuch empfohlen. Falls der Husten rezidiviert, ist die Therapie wieder einzuleiten und die Möglichkeit einer chirurgischen Therapie nach ausführlicher gastroenterologischer Diagnostik zu prüfen.

Der fehlende Erfolg der PPI-Therapie des Reflux-bedingten Hustens könnte in einigen Fällen darauf zurückzuführen sein, dass auch ein gering saurer Reflux mit Pankreasenzymen und Galle selbst dann Husten verursachen kann, wenn eine vollständige Suppression der Säurebildung mit PPI erreicht worden ist.14

Chirurgische Therapie

Medikamentöse Therapiemaßnahmen reduzieren die Säureexposition im Ösophagus, haben aber keinen Einfluss auf den Reflux von schwach saurem oder alkalischem Mageninhalt, der auch aggressive Enzyme (Trypsin) enthält. Selektierte Patienten mit typischer Refluxsymptomatik (Sodbrennen) erfahren eine Besserung durch laparoskopisch durchführbare Antireflux-Chirurgie (Fundoplicatio und andere Maßnahmen). Falls die Operation ausschließlich zur Therapie eines refraktären mit Reflux assoziierten Hustens erfolgt, ist stets zu bedenken, dass der Reflux nicht die Ursache, sondern nur ein Trigger für den Husten ist. Patienten mit Impedanz-pH-metrisch nachgewiesenem und mit dem Husten streng assoziiertem Reflux könnten jedoch profitieren. Die Indikation sollte in erfahrenen Zentren für Ösophaguschirurgie gestellt werden.


Literatur:

  1. Hollenz M et al.: Dtsch Med Wochenschr 2002; 127: 1007-12

  2. Smith JA et al.: Z Gastroenterol 2010; 139: 754-62

  3. Koop H et al.: Z Gastroenterol 2014; 52: 1299-346

  4. Dent J et al.: Gut 2010; 59: 714-21

  5. Ing AJ et al.: Thorax 1991; 46: 479-83

  6. Irwin RS et al.: Am Rev Respir Dis 1989; 140: 1294-300

  7. Irwin RS et al.: Chest 2002; 121: 1132-40

  8. Koop H et al.: Z Gastroenterol 2014; 52: 1299-346

  9. Ummarino D et al.: Laryngoscope 2013; 123: 980-4

  10. Ayazi S et al.: J Gastrointest Surg 2009; 13: 1422-9

  11. Fuchs HF et al.: Dis Esophagus 2018, doi: 10.1093/dote/doy018. [Epub ahead of print]

  12. Kahrilas PJ et al.: Am J Respir Crit Care Med 2002; 165: 1469-74

  13. Irwin RS, Madison JM.: Am J Respir Crit Care Med 2002; 165: 1469-74

  14. Kahrilas PJ et al.: Lung 2014; 192: 39-46

Back to top